Diese generalisierte Angst

Ich war schon als Kind eher unsicher. Ich konnte mich mit 5 oder 6 Jahren nicht mal gegen eine Katze wehren, die auf den Tisch sprang und mir mein Eis wegschlabberte. Ich machte lieber in die Hosen als zu sagen, dass ich aufs WC muss (im Kindergarten). Alles war immer anstrengend. Schwierig. Immer dieses Bedrohungsgefühl, als ob gleich was schlimmes passiert. Immer Sorgen. Immer Gedanken was passieren könnte, was passiert war, wie man dieses oder jenes interpretieren könnte, wo ich mich mal wieder falsch benahm.

Diese Unsicherheit, diese Anspannung habe ich immer weggedrückt. Denn ich wollte nicht so wie mein Vater enden: 15 Jahre nur zuhause in der Wohnung, auf dem Hof und in der Garage. Ging es weiter weg fuhr er schonmal mit dem Auto zum Supermarkt. Hinein ging aber meine Mutter oder wir Kinder. Er musste im Auto sitzen bleiben. Oder wenn es weitere Strecken waren, mussten wir auch öfters wieder umdrehen „weil es Papa nicht gut geht“. Er bastelte an Radios, an Lautsprechern. Er konnte nicht mehr arbeiten, machte aber auch nichts im Haushalt. Er vergrub sich in seiner Welt.

So eingeschränkt wollte und will ich nicht leben. Also unterdrücke ich diese Gefühle  kämpfe mich jeden Tag hinaus: in den Supermarkt, in die Physio, in die S-Bahn, zum arbeiten, zu Ärzten. Und breche immer wieder vor Erschöpfung zusammen. Es gab eine Zeit da konnte ich nicht mal zuhause Suppe essen, weil ich so gezittert habe und nein ich war nicht auf Alkoholentzug oder so.

Zur Zeit werde ich mir der massiven Anspannung bewußt. Einfach wahrnehmen: Am Bahnsteig: aha Streß. Es setzt sich jemand neben mich: extrem hohe Anspannung. Ich muss an der Pforte warten: mein Körper explodiert fast vor Spannung….den ganzen Tag lebe ich gefühlt mit dieser ständigen Bedrohnung, als würde gleich was ganz schlimmes passieren. Totschlag, Vergewaltigung, Wohnungsbrand, Überfall, Raub…sowas.

Es muss was geschehen. So geht das nicht weiter. Ich habe jetzt erstmal weiter Dinge rausgenommen die mich zu sehr stressen: Physio komplett abgesagt. Arbeit auf alle 2 Wochen statt jede Woche verschoben. Spüren: ich will nicht länger am See liegen bleiben, sondern radeln (gestern), ich will im Moment auch keine Besuchen machen und bekommen. So viel als möglich Anspannung rausnehmen.

Denn wenn ich jetzt nicht STOP sage, macht es mein Körper oder das Leben. Und das meist in einer Form, dass es sehr weh tut. Habe ich ja schon mehrmals erfahren.

Also: la dolce vita. Füße hoch. Nichts müssen. Und im Juli beim Doc nachfragen, ob es noch was medikamentöses als Unterstützung gibt. Denn Konfrontationstherapie ist da bei mir kontraproduktiv. Der Neurologe Gerald Hüter erklärte das auch mal sehr gut, dass man bei traumatischen Ängsten, diese da nur verschlimmert, man weiß noch nicht so recht wie man diese wirklich auflösen kann.

2 Kommentare zu „Diese generalisierte Angst“

  1. Mit vollständigem Rückzug wäre ich aber vorsichtig, dann wird es anderseits unter Umständen auch schwerer sich wieder „zurückzukämpfen“. Konfrontation sollte behutsam gemacht werden. Meine Thera erzählte mir öfters schon, dass sie auch mit Patienten S-Bahn fahren war um zu gucken wie es geht und zu Unterstützen, ich glaube so ist das schon ganz gut? Natürlich bringt „Machen sie mal, stellen sie sich der Angst (alleine)“ nicht so viel.

    Was ich sehr gut nachvollziehen kann ist dieses „drauf warten, bis ENDLICH was passiert, es MUSS doch was schlimmes nun passieren“. Sonst stimmt was nicht. Das ist scheußlich, das kenn ich echt sehr gut.
    Obwohl ich mich früher zumindest ne Zeit lang gewehrt habe, habe ich irgendwann damit auch aufgegeben und erstarre dann auch bei gewissen „triggern“.

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    1. Es ist kein vollständiger Rückzug, auch wenn es so aussieht/sich so liest. Aber selbst wenn es so wäre, manchmal brauche ich das auch und habe immer festgestellt: ich habe so starke Antreiber in mir, die mich schon von ganz allein wieder in die Welt hinaus bugsieren. Und je stabiler ich dann bin (nach so einem Rückzug) desto leichter konfrontiere ich mich auch wieder mit schwierigen Sachen.

      Nein ich warte nicht drauf, dass endlich was passiert, oder dass doch was passieren müsste. Sondern es ist nur ein ständiges Bedrohungsgefühl da, ohne Gedanken dazu.

      Selbst wenn bei einer Konfrontation nix schlimmes passiert, lässt bei mir die Spannung nicht nach. Ich bleibe auf dem High-level, das ist das fatale dran und deswegen schädigen mich solche Aktion mehr, als das sie helfen. Das wurde in der Traumaklinik auch vermieden: nicht noch mehr in die Anspannung rein, sondern raus. Ich musste nirgends durchhalten, sondern konnte jederzeit das Haus/Zimmer verlassen, und durfte alles frei entscheiden was ich wie lange mache oder überhaupt nicht. Genau das half mir wieder eine Selbstkompetenz zu erwerdeb, eine innere Sicherheit, aus der ich s.o. dann wieder ängstlichem/schwierigen begegnen kann.

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