Ein paar Ausschnitte:
aus Endlich Frei von Giger-Bütler:
Eine Patientin schreibt:
Ich habe eine Liste mit Erwartungen oder Angeboten anderer angelegt und wie ich damit umgehen will:
1. Von mir eingebildete Erwartungen anderer, was gar nicht sein muss, ich aber so real meine, dass ich sie als ganz real empfinde (Anm. von mir: und als Prio Nr. 1 verbuche!)
2. Freundliche Angebote anderer, die man freundlich ablehnen darf, wenn man nicht will oder kann. Dafür brauche ich eine Erlaubnis, die ich mir aber gebe (Anm. von mir: muss mal meinen Psychiater fragen, ob er die mir ausstellen kann).
3. Egoistische Angebote anderer, die man enttäuschen kann, auch wenn es ungute Gefühle macht. (Anm. von mir: je nach Tagesform: manchmal zergehe ich in Schuldgefühlen, als ob ich dem anderen nen Arm abgehackt hätte, manchmal ist es pure Befreiung und Glückseligkeit!)
4. Hilferuf anderer (DAS wäre dann Prio Nr. 1. Eigentlich. Wenn mein Gehirn nicht so verschroben wäre.)
Das so zu lesen tat mir unwahrscheinlich gut. Denn mir war das nicht klar, dass ich nach harmlosen, unverbindlichen Anfragen gleich ein das musst du unbedingt machen draus mache. Sei es mit der Ex-chefin spazieren gehen, ihren Hund sitten, mit der Nachbarn viel Alkohol trinken. Ich hatte fast meine ganze Schulzeit nur Freunde die mich aussuchten. Nicht ich sie! Heute spiele ich oft durch wie ich denjenigen langsam/schnell abserviere weil ich nichts mit dem zu tun haben will und überlege mit wem ich damals wirklich gerne befreundet gewesen wäre. Ich hatte ja nie was zu melden zuhause und so hat sich das immer weiter manifestiert. Und das ist mit ein Muster das in die Überforderung der Depression führt: Sich nach aderen richten und sich nie fragen: will ich das eigentlich? Was will ich denn?
Gelesen:
Ich habe vergessen, wer ich bin
Die Geschichte eines Mannes, der ganz von vorne beginnen musste von Remy Eyraud
Nach einer wahren Begebenheit: Ein 26-jähriger wird in einen Überfall verwickelt und verliert dabei sein Gedächtnis. Als er aus dem Koma wiederauftaucht weiß er weder was Blätter sind, noch was Eltern und wozu die überhaupt da sind (letzteres frage ich mich auch oft). Und wer ist die Frau die sagt sie sei seine Verlobte? Und was ist dieses wuschelige Wesen auf vier Pfoten mit dieser kalten Schnauze?
Anfangs ist es teils noch lustig, wie er so seine Umgebung neu erkundet und wie ein Kleinkind vieles blöd findet und manches faszinierend. Er liest Lexika und schaut viel fern um sich die Welt weder anzueignen. Auch sportlich betätigt er sich .Dabei entwickelt er einen hohen Ehrgeiz. Er will französischer Meister beim Tontaubenschießen werden.
Doch im Lauf des Buches wird die Geschichte schwer. Nichts wird besser. Er will keine Menschen mehr sehen und bleibt in seinem Haus. Auch das Thema Selbstmord kommt auf.
Zu erleben wie seine Familie ihm hilft und wie warmherzig er das oft beschreibt, wie sie sich alle wieder näher kommen, da musste ich oft schwer schlucken: SO kann Familie aussehen! Mit Hilfe und Rückhalt und Spaß und gemeinsame Sachen erleben.
Aber auch das hilft ihm nur bedingt. Er verzweifelt immer mehr an diesem Leben:
Wenn ich sehe, was ich für einen Beruf wieder alles erlernen müsste, verlässt mich der Mut. Meine Zukunft ist reine Utopie. Ich müsste sehr hart arbeiten, um ein solches Examen zu bestehen.
Ich habe jedoch keine Kraft mehr. Für den Sport habe ich meinen Körper und ein Stück meiner Seele verschlissen. Im Sport habe ich mich zu sehr geschunden, für nichts und wieder nichts. So sehr haben die Schmerzen mich gepeinigt, dass ich jeden Tag geweint habe.
An irgendwas kranken meine Vorstellungen: ich träume davon normal zu werden, aber ich strenge mich an, um mich über mein Los zu erheben.
Ich habe mir die Frage, was die Norm ist, nicht gestellt, aber ich möchte mich gern in einem normalen Leben wiederfinden. Ich schaffe es einfach nicht. Dieses Leben arbeitet mich auf, zehrt an mir, die Gefühle nutzen sich ab. Ich kann nicht länger dagegen ankämpfen. Das Leben jagt mir Wellen von Traurigkeit durch den Leib, die mir das Herz einschnüren.
Ich stehle andern die Zeit, wenn ich mich an ihrer Welt stoße, und nicht weiß was ich sagen und wie ich mich verhalten soll. Ich habe keine Antworten auf dieses Leben. Es lädt mich nicht ein. Mir wäre es lieber wenn es nicht so merkwürdig wäre. Ich wäre gern wie alle anderen.
Ich kann dieses Außenseitergefühl so gut nachvollziehen. Oft genug finde ich mich in diesen Krallen wieder. Das Gefühl, behindert so anders als die anderen zu sein.
Die anderen leben einfach. So als ob sie wüßten wie das geht. Dieses Leben. Während ich zaudere und zweifle, mit mir hadere, vor Schmerzen zergehe und stolpernd frage: wo ist mein Weg? Wer bin ich? Und was soll das Ganze hier?
Sich immer wieder aufrappeln, was Neues versuchen und doch daran wieder scheitern zermürbt unendlich….
Schon länger her, als ich das las, aber es hat mich sehr entspannt, weil es viel mit dem obrigen Buch zu tun hat (mit dem Leben und den Menschen nicht klar kommen und daher in den Wald flüchten). Aus dem Buch: Flucht in die Wälder:
„Am liebsten hätte Burl mit dem (Klaver-) Spielen aufgehört. Ihm taten die Finger weh, aber hauptsächlich hatte er Angst davor, etwas falsch zu machen. Oder nein – das war es nicht. Es war der Druck, der auf ihm lastete, weil er sich so sehr wünschte es richtig zu machen.“
*seufz* auch das kenne ich nur zur Genüge….