Ich hab ein wenig in meinen alten Aufzeichnungen gestöbert.
Hier ein paar Ausschnitte, aus dem Jahre 2013:
Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit – wie erwachsene Kinder von Suchtkranken Nähe zulassen können.
Um diese Buch schlich ich mich Jahre! Viel zu heißes Thema. Jetzt aber wurde es Zeit. Ich kaufte, las und…heulte.
Der Untertitel ist sehr schlecht gewählt. Es ist nämlich kein Ratgeber.Es geht rein um das Erkennen, wie die Alkoholikerkinder in Sachen Nähe/Beziehung so drauf sind und reagieren.Es geht um die Wunde freilegen, unter all den Schichten der Abspaltung, nicht wahr haben wollen und selber süchtig agieren.Es lässt mich verstehen, warum ich solche Beziehungsschwierigkeiten habe.
S. 10: Intim und verletzlich zu sein und Nähe zuzulassen widerspricht all den Überlebenstechniken, die Kinder von Alkoholikern sich angeeignet haben, als sie noch ganz klein waren.
Die Macht emotionaler Verwicklungen ist größer als die Macht der Vernunft!
Ohja, könnte das mal bitte jemand dem Teil in mir klar machen, der ständig seinen Vater anrufen will?Mir wurde nochmal klar, warum ich mich so schnell für alles und jeden verantwortlich fühle.
Wenn beide Eltern ausfallen, übernehmen die Kinder automatisch diese Verantwortung: Ich muss alles wieder in Ordnung bringen! Und wenn ich es nicht in Ordnung bringen kann, bin ich schlecht, tauge zu nix, geht alles den Bach runter, werde ich sterben…
Obwohl ich mich schon Jahre mit diesem Thema beschäftigt habe, hat es diese Auffrischung nochmal gebraucht. Zu erkennen, was in Alkoholikerfamilien abgeht.
Das Buch half mir nochmal Klarheit zu gewinnen, über mich und meinen Umgang mit Beziehungen. Es werden alle Beziehungsthemen beschrieben. Von: Angst vor Selbstverlust über Grenzen bis hin zu Kontrolle.Und ich fand mich immer wieder darin beschrieben. Was da abgeht in mir bei Nähe, bei sozialen Veranstaltungen, bei Unzuverlässigkeit, warum ich oft überreagiere…
Auch wird die Fragen aller Fragen unter die Lupe genommen:
Was ist denn überhaupt eine gesunde Beziehung?
Ich kenne das nicht.
Ich weiß nicht wie so etwas aussieht.
Ich hatte keine Vorbilder dazu.
Dieses Buch ist jetzt eine kleine Anleitung.
Eine Gebrauchsanweisung sozusagen.
Ein Leitfaden.
Bei uns zuhause gab es nicht einfach so Liebe.Liebe gab es eigentlich gar nicht, sondern nur Pseudozuwendung, nämlich dann, wenn ich meinen Eltern was geben konnte.
Wie: ein offenes Ohr für ihre Probleme, den Rücken kraulen wenn dieser weh tat, einkaufen, Geschenke machen.
Meine Mutter war das Kind, eigentlich noch ein Baby denn sie hing auch an der Flasche.
Das Leben in so einer kranken Familie ist eine Achterbahnfahrt. Immer aufregend, man weiß nie: geht es hoch oder runter, häng ich gleich kopfüber oder in der Kurve? Immer gab es die kleinen Kicks: wenn man doch einmal gesehen, wahrgenommen wurde, wenn man selbst im Mittelpunkt stand.
Wenn man schreckliches erlebt, gibt es oft danach auch so eine Art Hochgefühl. Das Adrenalin durchflutet den ganzen Körper und man fühlt sich wichtig, alles kreist nur ums überleben, das ganze Leben wird komprimiert, man ist euphorisch, braucht nix zu essen und wenig Schlaf…alles ist in Hochspannung.
Nach diesem Kick kann man süchtig werden.
Nun ist es so: wenn man in einer alkoholkranken Familie aufwächst, steht an erster Stelle der Alkohol. Ganz klar. Dann kommen noch andere Sachen wie der Partner, Tiere, vielleicht noch der Job, schwerkranke Verwandte und irgendwann die Kinder.
Diese Kinder hungern emotional immer. Und nun stellen Sie sich vor, gibt es einmal alle paar Monate eine richtig große Torte (bedingungslose Liebe) was das für ein Rauschgefühl auslöst!
Man will natürlich mehr. Denn hart erkäpfte, verdiente Liebe macht umso mehr Spaß, ist gefühlt so viel mehr wert wie „einfach so geliebt“ zu werden.
Und weil diese erwachsenen Kinder aus suchtkranken Familien nur Action und Adrenalin in Beziehungen kennen, suchen sie sich Knastis, wieder Süchtige (nach Sex, Arbeit, Geldspiele, Alkohol..) oder ganz einfach emotional unzulängliche Partner, an denen sie sich wieder bis zur gnadenlosen Erschöpfung abarbeiten können.
Für ein Quentchen Liebe. (Die Liebe kriegen sie dann meist in Form eines Veilchens).
„Die eigenen Gefühle kennen sie nicht, sie sind innerlich leer. Wissen aber ganz genau was der andere braucht und wie man ihm helfen kann.“
Deswegen sind so viele Frauen mit einem Arschloch zusammen.
Sie kennen es nicht anders.
Oder sie leben alleine und fröhnen ihrer Sucht gebraucht zu werden (um endlich etwas wert zu sein) in ihrem Beruf als Krankenschwester, Kinderpflegerin, Therapeutin…bis zur völligen Erschöpfung.
Oder sie holen sich immer wieder die selbstgebaute Action ins Leben, wie Schulden, ständige Umzüge, Jobwechsel…
Letztens im Meeting, sagte eine Frau, dass sie mindestens genauso krank ist wie ihr Mann der Alkoholiker. Das dachte ich dann bei mir auch so…Wäre ich im 12-Schritte-Programm geblieben, wäre ich wahrscheinlich nicht in der Se*arbeit gelandet. Nunja, es ist passiert und ich kann mich „nur für heute“ gut um mich kümmern und lieben so gut es geht. Und wieder weiter im Programm arbeiten. Und mir wieder mehr Spiritualität ins Leben holen. Die Leere in mir, mit gesundem füllen.
Liebe Luna!
Ich wünsche dir weiterhin viel Kraft – in dir scheinen unglaublich viele Ressourcen zu schlummern – zumindest quillt eine solche Kraft aus deinen Texten hervor. Zumindest spüre ich das, wenn ich mich durch deinen Blog lese.
Kennst du zufällig das Buch „Das Trauma von der Seele schreiben“ von Stephan Niederwieser? Ich bin gerade dabei es zu lesen und bald fange ich an zu schreiben. Es kann helfen, wenn man gerne schreibt und sich selbst reflektiert, da es gerichtet Impulse gibt.
Alles Liebe dir,
Julia
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Liebe Julia,
danke für das Kompliment 😉 freut mich!
Nun ich habe schon sehr viel geschrieben, teils öffentlich, teils privat. Ich habe mir sehr viel von der Seele geschrieben und auch heute tue ich das, wenn auch weniger.
Die PTBS nimmt immer weniger Raum ein, demnächst geh ich nochmal in eine Klinik, um auch für mich einiges abzuschließen und Kraft für eine Art Neuanfang (das Trauma beherrscht nicht mehr zu 100% mein Leben) sammeln.
Liebe Grüße
LaLuna
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