Heute mal ein Stärketraum: Ich gehe zum Strand. Dort sitzen schon ein paar Mitschüler. Es soll auf Abschlußfahrt gehen: auf einem Schiff. Ich fühle mich weder in der eigenen Klasse noch mit der Parallelklasse wohl. Ich bin nicht eingebunden. Als ich zu den Mädls gehe, stoppe ich kurz vor dem Zaun (Grenze!): ich spüre das erste mal die Angst und den Widerwillen auf dieses Schiff zu gehen. So ein kleiner Raum mit den vielen Menschen die ich alle nicht mag und kein Rückzugsort. Horror! Ich fange das überlegen an, denn viel Zeit zur Entscheidung bleibt mir nicht mehr. 1 Woche mehr oder weniger dort gefangen. Nein das will ich nicht.
Ich mache mich auf die Suche nach den Lehrern. Frage die anderen, keiner weiß wo die sind. Denke, dass es da bestimmt einigen auch so geht wie mir, die auf soviel Enge und Menschenkontakt keine Lust haben. Aber natürlich werden alle danach begeistert sein und keiner würde sich trauen zu sagen: Das war so ätzend, der Horror. Weil so eine tolle Abschlußfahrt toll sein MUSS! Das wird erwartet. Das muss man erfüllen. Ich spreche S. an, die weiß es zwar auch nicht, aber ihr erwachsener (!) Freund sagt, dass er vielleicht helfen könne, anstatt ein Lehrer. S. Sagt: „Sie zieht sich zurück, das ist ein Selbstschutz!“ Ich freue mich dass sie das weiß, mich versteht und nicht verurteilt. Ich puffe sie liebevoll auf die Schulter und sage: „Wir gehen bald mal schwimmen, dann quatschen wir.“ Sie strahlt mich an und freut sich drauf. Ich gehe zurück und sehe das Schiff hat angelegt, ich betrete es und suche den Klassenlehrer Herr H. Ich sage das ich mit ihm reden müsse. Wir gehen ein Stück beiseite. Ich sage, dass ich nicht mitkann. Er fragt warum. Ich erkläre ihm kurz und sachlich (kein weinen!) das ich eine Angststörung habe und deswegen ja auch in Rente bin. Er macht ein verächtliches „pah“. Immerhin war er sein halbes Leben lang Soldat (auch in Wirklichkeit!) der kennt keine Schwächen, zumindest lässt er sie nicht zu, da muss man hart sein und durch und fertig.
Er verschwindet. Ich warte. Er kommt wieder und meint:“ Da sind aber noch ein paar Zahlungen fällig.“ Welche Zahlungen frage ich weiterhin ruhig und sachlich zurück? Die Mitschüler haben sich so eng um mich geschart das sie ihre Körper an meinen drücken. Ich drehe mich um und sage ganz normal: „Jetzt lasst mir mal etwas Platz!“ Sie gehen sofort weg. Ich denke mir das wenn ich einfach unentschuldigt weg geblieben wäre, es ok wäre wenn ich trotzdem zahlen müsste. Aber mit Entschuldigungn und natürlich Attest sehe ich das nicht ein. Ich weiß auch, dass sobald ich irgendwoe alleine bin, heulend zusammen breche, weil ich mich so schäme und als Versager fühle und ein Teil da gerne freudig mitgefahren wäre. Dieser Zwiespalt zerreißt mich jedesmal. Aber jetzt bin ich noch in der Erwachsenen die das klären muss.
Dann bin ich aufgewacht.
Wow so für mich einstehen und Grenzen ziehen! Da sind sie wieder. Die Grenzen. Natürlich war es mies zu fühlen: alle freuen sich (wobei das ja eben gar nicht stimmen muss, aber in dem Moment ist die Wahrnehmung so) nur ich mal wieder nicht. Solche Situationen gab es real zuhauf. Geburstagsfeiern, Kindergartenfeste, alle Anwesenden lustig und am toben und ich irgendwo am Rande heulend. Heute weiß ich: wegen Reizüberflutung. Natürlich gab es da wenig Verständnis. Meine Mutter selbst auf jeder Party die Stimmungskanone schlechthin konnte das nicht verstehen und einfühlen in ein Kind, geht halt mit Alkohol im Blut auch schwer. Noch heute habe ich dieses erdrückende Gefühl wenn irgendwo ein Straßenfest oder ein Faschingsumzug ist und ich daheim bleibe und eben nicht freudig dabei bin. Dann kommt diese Einsamkeit hoch, diese Verlassenheit und auch die Abwertung: Du wieder…du bist nicht dabei, du kannst das nicht, was ist denn wieder los? Ist doch lustig.
Nein ich drücke mich selber nicht mehr so runter, ich bemuttere mich selbst, das innere Kind dass da einfach Angst hat vor soviel Menschen, dem Gewusel, den vielen Geräuschen und Bildern. Das eben da keinen Spaß hat! Ich nehme es an die Hand und wir gehen in den Wald. Wir bestaunen Bäume und das Licht und genießen den würzigen Duft und….die Stille.
Und jetzt mache ich mir selbst einen schönen Tag, während meine Mitschüler in See stechen. Jeder ist anders und ich bin genauso gut wie die anderen. (und wer weiß, vielleicht beneiden mich einige, um meinen Mut da nicht mitzufahren. Ich hatte mir auch im Traum überlegt, dass ich ja wahrscheinlich die Woche eine andere Klasse besuchen muss und ich mich dann aber krankschreiben lasse. Denn das würde mich genauso stressen. Real war das tatsächlich so, dass ich 3 Jahre hintereinander jedesmal in eine neue Klasse kam, was in der damaligen Zeit samt Scheidung der Eltern, Umzug in neue Stadt, Vater, Schwester, alle Freude weg, ätzender Stiefvater, Mutter die sauft usw. äußerst beschissen war und wahrscheinlich viel zu der heutgen Sozialphobie beitrug.)
Es ist wahnsinnig mutig von dir , dass du für deine eigenen Bedürfnisse so einstehen kannst und dass du dich auch offen mitteilst. Fühl dich mal in Verbundenheit gedrückt, ich habe ebenfalls die Sozialphobie. Zu Schulzeiten wusste ich es noch nicht und konnte gar nicht gut für mich einstehen. Ich will dir Mut machen, es wird besser, ich bin jetzt 31 und Freiberuflerin. Da ist es möglich das Problem mit Nähe und Privatsphäre besser handhaben zu können. Irgendwann wird es dir zum Vorteil werden, schon damals Einzelgänger gewesen zu sein. Denn du bist dann innerlich freier und unabhängiger.
Liebe Grüße
Sara
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Hi danke für den Kommentag und Drücker 🙂
Naja das war ja nur ein Nachttraum, bin ja schon 39.
In welcher Branche bist Du?
Dass das auch ein Vorteil sein kann, seh ich zu selten, aber danke für den Hinweis, da is schon was dran 🙂
LG
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Hey Laluna,
Achso das habe ich nicht umrissen. 😆
Ich bin freiberufliche Schriftstellerin. Sehr gerne, ich habe es auch lange nicht so sehen können.
Liebe Grüße
Sara
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