Lesestoff

Ich lese gern und viel. Klar gibt es immer mal längere Lesepausen, aber derzeit ist Lesestoff wieder hoch im Kurs! Ein kleiner Einblick:

– gelesen: Das Ringen um Sinn, von Joseph B.Fabry
Viktor Frankl, dem Analytiker und Psychotherapeuten der zusammen mit seiner Schwester das Konzentrationslager überlebte (die ganze restliche Familie kam darin um) widmete sein Leben der Logotherapie. Dem Suchen nach Sinn für das Leben. Und alles wa sich bisher von ihm las war mir irgendwie zu hochgestochen, zu verschwurbelt, zu unverständlich. Aber ein anderer Mann, Joseph B. Fabry (auch er überlebte das Konzentrationslager) ein Redakteur und Bekannter von Frankl beschäftigte sich ebenso mit der Suche nach dem Sinn  und gab als Dozent darüber Kurse und Seminare und schrieb dann eben dieses Buch:  Eine Einführung in die Logotherapie. Und nach den ersten 30 Seiten wußte ich: Das ist mein Buch. Leicht und gut verständlich geschrieben.
Gleich zu Anfang fand ich ein Zitat von Frank, das mir sehr gefiel:

Dass das Dasein einen Sinn hat und das es nie aufhört, einen Sinn zu haben, dass dieser Sinn jeweils einzig und einzigartig ist, indem er sich von Mesch zu Mensch und für jeden Menschen von Augenblick zu Augenblick ändert; dass der Mensch ebenfalls etwas jeweils Einmaliges und Einzigartiges ist und dass sein Leben in einer Aufeinanderfolge von Lebenssituationen besteht, deren Auftragscharakter erkannt werden muss; dass der Sinn des Lebens im Erfüllen der in der jeweiligen Situation enthaltenen Aufgabe besteht; und dass Glück, Zufriedenheit und Seelenfrieden nur Begleiterscheinungen, nicht Ziel dieser Suche nach Sinn sind.
Ich habs noch nicht ganz durch, obwohl es ein dünnes Büchlein ist, aber eben auch viel zum nachdenken anregt.

– Splitterfasernackt: eine (wahre) Geschichte von einem ungeliebten Mädchen, dass als Kind und Jugendliche mehrfach sexuell mißbraucht wird, stark magersüchtig wird und dann „freiwillig“ in die Prostitution einsteigt. Keine leichte Kost, ist klar, aber gut geschrieben, leider teilweise etwas zu langatmig und pathetisch.

– Shinead O’Connor – Erinnerungen. Als mir vor vielen Jahren immer bewußter wurde, in welch kranker Familie ich aufwuchs und all die perversen Psychospielchen erkannte, waren die früheren Lieder von Shinead O’Connor (nebst den Bösen Onkelz) ein Hilfsmittel um an meine Gefühle zu kommen und diese auszudrücken. Dieses kraftvolle wütende gepaart mit der kindlichen, zarten Zerbrechlichkeit berührt mich zutiefst. Und obwohl wir uns natürlich nicht kennen, fühlte ich mich nicht mehr so alleine mit all dem Desaster. Von daher war ich natürlich gespannt auf ihr Buch. Wahrscheinlich ZU gespannt, denn leider enttäuschte es mich. Gut, es heißt Erinnerungen, das impliziert vielleicht, dass es eben genau darum geht und nicht um ein Psychotherapie-Protokoll. Ihre Gedanken und Gefühle hätten mich halt mehr interessiert, als das was sie schrieb: Äußerlichkeiten was wann passierte…Vor allem die ersten Hälfte ist wohl aus ihrer Kindsicht geschrieben und genauso liest es sich auch: Wie ein fader Aufsatz eines 4.Klässlers. Ich wollte schon entnervt aufgeben, hatte aber Hoffnung, dass es noch besser wird. Wurde es, zumindest der Schreibstil wurde angenehmer und im 2.Teil geht es tatsächlich minimal um ihre Gefühle. Ich vermute, dass sie diese in ihrer gewalttätigen Kindheit schlicht abstellte um all die Widerlichkeiten zu überleben. Fazit: Alles in allem eher dünn und oberflächlich.

– Umso besser gefiel mir da: Mein fremdes Ich von Daphne Merklin. Das suchte ich nicht gezielt aus, sondern wurde mir dank meines „Verlaufs“ vorgeschlagen und da es nur 4-nochwas kostete bestellte ich es einfach mit. Keinerlei Erwartungen. Dafür hing ich ab dem 1.Satz wie eine Süchtige in dem Buch. Der lautet: Seit kurzem muss ich wieder über den Zauber nachdenken, der dem Selbstmord innewohnt – die Art und Weise, wie er „Basta!“ zum Leben sagt wie eine italienische Großmutter, die den angehäuften Schutt des Alltags vor die Tür kehrt und nichts als einen sauberen, unbefleckten Boden hinterlässt! Was für eine Sprachgewalt (die sich glücklicherweise durch die ganzen 364 Seiten zieht) die sich so flüssig liest, wie die Eiscreme die Speiseröhre hinunterflutscht (gut, ein nicht ganz so schöner Vergleich wie mit der Großmutter, aber egal) und was für ein Thema im ersten Satz! Die Washington Post schreibt: „Mein fremdes Ich gehört zum Kanon der Bücher, die depressive Menschen ermutigen….“ Äh zu was genau? Suizid?
Aber klar, es geht um Depression die die Autorin eben selbst seit ihrer Kindheit immer wieder durchlebt oder eher erduldet. Es geht um ihre Kindheit in einem jüdischen Haushalt, um ihre kalte Mutter, um all die Antidepressiva und Klinikaufenthalte. Eines der besten autobiografischen Bücher die ich über einen depressiven Menschen gelesen habe!

Sonstiges: Mal wieder ein kostenloses Probeabo (für 4 Wochen)der ZEIT abgestaubt und für Weihnachten vorgesorgt: Sörensen hat Angst und: Die Kunst innerlich zu leben. Dazu fürs nächste Jahr mich selbst beschenkt: Ein Abo von ZEIT Wissen. Mein Gehirn freut sich derzeit tierisch auf soviel Futter!

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