Wenn ich mich verrückt fühle, ist irgendwas verrücktes in meinem Leben.
Passend dazu kam ich gestern beim „verrückten Eismacher“ einer Eisdiele vorbei.
Gestern löste sich nochmal ein großer Knoten. Gestern abend dämmerte es mir: ich stecke mal wieder voll in der Coabhängigkeit drin und statt wie sonst gegen 21h ins Bett zu fallen und fast sofort einzuschlafen, saß ich hellwach da und las in dem Buch: Unabhängig sein von Melody Beattie.
Wie schon vor einem 3/4 Jahr hat es was mit J. zu tun. J. hat eine gewisse „Bedien-mich-mentalität“, so lernten wir uns ja auch kennen: ich noch in der „Sexarbeit“ er der Kunde der seinen Fetisch ausleben wollte, so in Richtung Domina-devoter Typ, nur viel weicher. Und irgendwie ist er da hängen geblieben: ich werds schon machen, er kann sich zurücklehnen und sich gut fühlen.
Außerdem hat er was kindisches, unreifes und verantwortungsloses an sich und trinkt jeden Tag Alkohol.
Er meidet wirkliche Nähe. Wir schreiben uns zwar jeden Abend, aber sehr oberflächlich, auch die Treffen laufen fast immer nach dem gleichen Schema ab und emotionales ist fast nie Thema, außerdem geht die Initiaive ob/wann und wo meistens von mir aus. Das werde ich ab sofort wieder lassen!
Wahrscheinlich hänge ich da schon wieder seit Monaten fest. Er saugt Energie und ich lasse es zu und weil ich nichts von ihm bekomme, ist mein Fokus voll auf ihn gerichtet damit ich ja nichts übersehe WENN mal was von ihm kommt. Außerdem behandel ich ihn übervorsichtig, sage nicht was ich manchmal wirklich denke und fühle (es könnte ihn ja verletzen, er könnte sich von mir abwenden!), sondern übernehme Verantwortung für seine Gefühle oder wenn er mal nicht weiter weiß (welches Gleis, welche Straße, was er im TV schauen soll, wie er richtig kocht usw). Ich hebe ihn auf einen Sockel, bin immer erreichbar, immer nett, immer zugewandt, immer interessant, in der Hofung, dass ich vielleicht auch mal emotional auftanken kann, was von IHM bekomme. Da ist aber nicht. NICHTS!
Das habe ich in meiner Familie so gelernt. Ich tat alles für ein wenig Aufmerksamkeit. Von Zuwendung, Liebe, ehrliches Interesse für meine Bedürfnisse, Gefühle, Gedanken und Unterstützung will ich gar nicht reden.
Das ganze mit J. bekam einen Riss, als es ihm diese Woche sehr schlecht ging, auch wegen Ärger in der Firma (was ich mir gut vorstellen kann, wenn er da auch keine Verantwortung übernimmt, werden seine Kollegen nicht sehr begeistert sein). Ich stand ihm bei und bot meine Hilfe an, außerdem wollte ich ihm eine Postkarte schicken die ich letztens fand, mit einem Motiv das sehr gut zu ihm passt und wo ich mir dachte, das gefällt hm bestimmt, das macht ihm eine kleine Freude. Als kleine Aufmunterung. Aber da merkte ich schon eine Sperre in mir ein: nein ich will das nicht tun. Ich hörte drauf und ließ es bleiben. Gut so!
J. half sich selber, er buchte kurzerhand einen Mniurlaub und fuhr weg und ich? Merkte eine Wut in mir. Hm? Was los? Neidisch? weil ich nicht einfach mal so mein E-Bike, auf meinen neuen Audi schnallen kann (weil ich bedes nicht habe) und in einem 4-Sterne-Hotel auf dem Land einchecke? NEIN, weil er sich um sich kümmerte, OHNE mich. Meine Sucht gebraucht zu werden verpuffte ins Leere. Ich fühlte mich vor den Kopf gestoßen, nutzlos, wertlos. Boah!
Wenige Tage später kam ich mal wieder an einen Tiefpunkt: voller Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, gequält von Suizidgedanken (weil mich braucht ja eh niemand usw.), die ich ja eigentlich gar nicht will und auch keine Erleichterung bringen. Nun wandte ich mich an ihn. Sprach offen an, wie beschissen es mir gehe. Es kamen 2 billige Sätze voller Phrasen via Whatsapp zurück. Als ich darauf antwortete, kam: nichts mehr. Waaahhh bloß nix mit Gefühlen! Und da dämmerte es mir.
Natürlich könnte ich jetzt schimpfen wie unreif er ist usw. nur das hilft mir nix. Denn das erste was man in 12-Schritten-Guppen erfährt: Du kannst den anderen nicht kontrollieren und nicht ändern! Schade auch, das wär nämlich einfacher jetzt ihm die ganze Schuld zu geben 🙂 Aber ich muss mich an die eigene Nase fassen!
Fakt ist: ICH bin zusehr verstrickt. Ich denke sooft an ihn und verliere meinen Fokus auf mein Leben und damit auch Energie. Denn diese folgt der Aufmerksamkeit! Kein Wunder, dass ich mich leer fühle und alles sinnlos erscheint.
Die Katzenbetreuung war natürlich DIE Coabhängigkeit schlechthin, danke Körper dass du dich so massiv gemeldet hast. Leider habe ich nicht richtig verstanden was genau los ist nur dass es „zuviel“ ist.
Auch bei der Tafel gibt es derzeit einen Mann, auf den ich schon wieder „anspringe“ nicht im Sinne von verliebt sein, sondern von „für ihn sorgen“, mich zuständig fühlen, überlegen was ich ihm gutes tun könnte. Vor Jahren ist er aus dem nahen Osten geflüchtet, erst nach Kanada nun eben Deutschland, medikamentenüchtig (Opiate!) und Kiffer, wohnt in einer ehemaligen Arbunterkunft die mehr als schlimm ist (alt, abgenutzt, ect.) er selber ist auch verlottert mit uralter Kleidung, fährt oft mit der Bahn schwarz, wird oft erwischt steht kurz vor einer Gefängnisstrafe weil er das natürlich nicht bezahlen kann, evtl. auch spielsüchtig weil er erzählte dass es hier im Ort ja kein Wettspielcafe gibt. Angeblich hat er Frau und Kinder die irgendwo leben. Er erzählt auch oft von kruden wirren Geschichten halb auf englisch wo ich oft nichts verstehe außer dass es um irgendwelche Verschwörungstheorien in den sozialen Medien geht. Aber er hat eben auch was lustiges, heiteres und warmes und das ist genau die Mischung auf die ich anspringe. Vorsicht also, ganz große Vorsicht!
Als ich da so gestern über all das nachdachte, das Buch wieder rauskramte spürte ich wie Freude und Energie mich dufluteten! Ich war wieder im Jahre 2022 angekommen und sah (wortwörtlich!) nicht mehr durch die Augen eines Kindes, das versucht endlich irgendeinen warmen Blick oder eine liebevolle Geste von ihrer alkoholsüchtigen Mutter zu bekommen oder mal wirklich gefühlt und gesehen wird vom coabhängigen, narzzstischen Vater. Alle meine Bemühungen liefen ins Leere. Keiner der beiden war da. Und so suche ich mir heute noch Leute die genauso emotional nicht verfügbar sind und hoffe und versuche weiterhin diese Leute endlich dazu zu bringen für mich da zu sein.
Das durch die Augen des Kindes zu sehen, habe ich das erste mal so bewußt nun erlebt. Es ist schwer zu beschreiben, aber vor allem in ländlicher Umgebung (das Umfeld in dem ich aufwuchs) war es nun deutlich: Man sieht sich um, mit denselben Gefühlen von damals und sieht die Stimmung, das Licht, alles genauso wie damals, auch wenn es ein anderer Ort ist. Kein Wunder, dass ich da so festhing und immer depressiver und lebensmüder wurde. Und Arbeit überhaupt nicht ging (übrigends auch ein Feld in dem ich stark coabhängig reagiere, was sich zeigt, dass ich oft noch 2 Tage nach dem Arbeitstag gedanklich nur dort verweile!).
Witzigerweise las ich letztens ein dünnes Büchlein das ich fand: Wenn Männer zuviel trinken. Es tat gut darin zu lesen, aber da dämmerte es mir immer noch nicht, wie sehr ich schon wieder in meiner Sucht stecke. Ich dachte das hätte ich hinter mir gelassen. Weit gefehlt
Naja, das blöde an all dem ist ja,
dass nicht nur Du von solchen Männern benutzt wirst
sondern – wenn Du ehrlich bist – Du auch SIE benutzt.
Weil sich nur MIT solchen Männern die alten Abläufe, Abhängigkeiten und Mechanismen wiederholen lassen.
Weil sich nur MIT ihnen Gewohntes und „Sicheres“ aufrecht erhalten läßt.
Um das gesamte Ding verändern zu können, liegt es in erster Linie ja in deinen eigenen Händen, solche Muster in dir drin zu entlarven und völlig Anderes; Neues zu tun.
Dann verändern sich vollautomatisch auch die Männer, welchen Du begegnest.
Das ist immer total hart und schmerzhaft, das alles anzuerkennen – aber es führt halt kein Weg dran vorbei.
Weil die Männer von DIR angezogen werden; so, wie Du bist.
Bist Du anders, kommen auch andere Männer in deine Nähe. Auch vielleicht, weil Du (wo-)anders nach ihnen guckst.
Ich hab mich früher oft gefragt, wie das denn gehen soll?
Was ich denn hierfür tun müßte?
Ich wußte nicht, wie das geht – und es klang immer so sehr nach „selbst Schuld“.
Aber letztlich glaube ich fast, dass es schon reicht, anders zu DENKEN.
Innendrin irgendwie Dinge anders zu WOLLEN und es sich zu wünschen.
Alleine schon das führt irgendwie dazu, dass sich Dinge tatsächlich ändern.
Die reine innere Einstellung.
Und klar, es dauert. Aber es geschieht.
Alles Liebe 🙂
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Klar das Thema is seit über 12 Jahren Thema bei mir und immer wieder komme ich in diese Schleife…
Aber kennst ja selber: Erkennen im Kopf und umsetzen im Verhalten sind zwei Paar Stiefel.
Ich bin ja schon froh, dass ich nicht mehr nur den anderen als schuldig und verantwortlich sehe, weil damit wäre ich weiter in der machtlosen Opferrolle, sondern jetzt auch meinen Anteil daran sehe und mich darum kümmere.
Es ist halt wie ein Mobile, klar wenn ich mich verändere, verändert sich der Rest auch.
Und ich finde das erkennen gar nicht schmerzhaft, sondern endlich befreiend und kraftvoll, weil ich endlich weiß wo ich ansetzen muss, wo vorher nur diffuses nebliges mir gehtssoschlecht war.
Jetzt komme ich in meine Kraft und somit ins handeln und ja wenn es nur, wie du schreibst, anderes denken ist.
Liebe Grüße zurück 😉
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Klar, wenn man immer nur bei Anderen guckt, ist man machtlos.
Bei sich selbst jedoch handlungsfähig und selbstermächtigt.
Ich weiß nur von mir selbst, wie schwer das oft ist, wenn man niemanden hat, der dir das auf jene Art reflektiert, dass Du es erkennen und verstehen kannst.
Das alles alleine zu schaffen, ist zäh.
Aber gut, wenn´s immer wieder zurück auf nen guten Weg findet 🙂
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Wie gesagt, verstehen tu ich es schon lange.
Erkennen is immer wieder schwer…vielleicht sollte ich jeden Sonntag mal ne Coabhängigkeits-meditation machen… 😉 um das einfach mehr aufm Schirm zu haben
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