Wochenrückblick 30. Juli 2022

– fehlende Abgrenzung. Ich hasse, was mir mal wieder am Sonntag passierte: Ich will früh, ganz früh in den Wald, weil ich Bewegung brauche und keine Menschen, ich bin angespannt, überreizt, gereizt und überhaupt. Ich stehe um 6.10 Uhr am Sonntag am Bahnsteig. KEIN Mensch, entspannt und glücklich schaue ich in die knallorangene Sonne zwischen den Bäumen, da kommt ne Frau auf mich zu. Grüßt mich, fragt wie es mir geht. WHAT? Denke ich, wieder so ne Verrückte die labern will, genau die erwisch ich wieder…ich grummel ein „Morgen…“ und schaue weg. „kennst mich nicht mehr?“ fragt es zurück. Äh nö. Und ich kann mir Gesichter extrem gut merken und meist auch woher ich die kenne. Sie klärte mich auf, von der Tafel, sie war mal paar Wochen da. Ja da wußte ich es wieder. Das ist kein Jahr her. Und ich erkenn die nicht? Ich mach mir Sorgen um mich. Soweit so ok. Aber die fängt das labern an…ohh nööö. meine Hnadflächen werden sofort schwitzig. Ich will hier weg. Meine Ruhe und minimal aufgetauchte Entspannung ist WEG. Ich ärger mich. Die 10 Minuten bis die Bahn kommt, kommt mir vor wie eine ganze Stunde. Wieso gehe ich nicht einfach weiter? Weil ich mich einwickeln lasse. Ich mühe mich nicht zu begeister zu schauen und starre ins Gleisbett, gehe einen Schritt weg weil sie auch unfassbar nah bei mir steht und mich penetrant anstarrt als ob sie in mich hinein kriechen will…moah wie ich das hasse. Nur nicht unfreundlich sein, nur nicht als die komische gelten…WARUM??? Ich hab mit der nie direkt damals geredet, immer nur in größeren Runden, quasi indirekt. Die S-Bahn kommt, sie steigt ein und schaut mich fragend an nach dem Motto: wo willst du sitzen? Ich sage was von: Ich geh noch ein Stück vor, ciao. Und setze mich ereichtert einige Sitzreihen weiter weg. PUH. Immerhin ein Fortschritt. Früher hätte ich die gesamte Fahrt ausgehalten und mit der gequatscht.
Ich konnte dann die 10km Waldrunde einigermaßen genießen und sogar die installierte Hängematte und das Wald-xylophon (in dem Wald ist viel eingebaut worden: Lehrpfad, barfußpfad, Bänke usw…)
Tja das Universum schickt mir genug Übungsaufgaben.

– bei mir angekommen. WOW, was das ausmacht, wenn ich 1 Woche keinen Kontakt zum süchtigen Menschen habe! Der Fokus ging wieder zurück zu mir, zu meinem Leben, zu meinen Körper, zu meinen Bedürfnisse. Ich fühle mich wieder viel besser, spüre Freude, schlafe gut, bin nicht mehr so angespannt und nervös, kann wieder genießen! Ich machte einen Ausflüge in den Wald, konnte da sehr genießen und machte das weil ich es wollte und nicht nur vom Kopf her meinte, das machen zu müssen. Auch war ich mal wieder in einer Kunstaustellung, die toll war, weil es um das Thema Nebel ging und ich den sehr mag. Es war ein Mix aus Bildern, Fotos und Installationen u.a. wurde ein Raum in Nebel gehaucht und die Besucher verschwanden sozusagen. Leider war sehr viel los, sodass ich es nicht ganz so genießen konnte.
Aber es kamen gleich neue Verlockungen/Übungsaufgaben ins alte Muster zu fallen. Anscheinend rieb sich das Universum die Hände: ha mal sehen, wie ernst sie es meint: und schickte mir einen Exfreund, der ebenfalls recht dysfunktional, ventwortungslos und süchtig unterwegs ist und dann fragte mich die Frau mit den Katzen nochmal nach Betreuung. Zu beiden konnte ich sehr gut Abstand halten.
Aber trotzdem erschreckend wie schnell und lange ich in dem Fokus nach außen hängen bleibe: wie gehts dem anderen, was braucht er, was erwartet er von mir, wie soll ich mich verhalten und tue das auch noch im vorauseilenden Gehorsam ohne zu hinterfragen, ob das für mich stimmig ist! Nunja dieses Muster habe ich von klein auf gelernt, inhaliert und fest in meiner Persönlichkeit verankert. Meine Eltern waren/sind auch sehr unreif, süchtig und verantwortungslos und daher kümmerte ich mich um sehr viel, meist um die emotionale Belange.
Ich werde nie den Satz vergessen, den ich in der Klinik in einer Gruppentherapiestunde mal zu allen is Gesicht sagen sollte: „Ich sorge gut für mich und es ist mir egal was du davon hältst.“ Boah war das hart. Erst wollte ich mit dem Therapeuten diskutieren warum der Satz für mich nicht stimmt (lach) der bleib aber stur und so fing ich an, geschüttelt von Tränen und Panik. Es fühlte sich so schlimm an! Als ob neben mir ein Mensch verbrennen oder ertrinken würde und ich helfe nicht!!
Zum Schluß hin, konnte ich den Satz ruhiger sagen, ohne Tränen und körperlich aufrechter.
Üben „bei mir zu bleiben“. Üben, üben, üben. Das kann mir kein Psychopharmaka abnehmen.

– Lieblingslied: ich mag ja eher melodiösen Techno und fand per Zufall ein neues Lied: ach wie ich das liebe, wenn der Bass einsetzt:
https://youtu.be/VNJ9g07hl-s

– AUA: Seit 2 Wochen immer wieder mal Halsweh. Die letzten Tage sehr heftig, jedes schlucken tut extrem weh. Und immer mal wieder leichtes Kopfweh. Seltsam. Halsweh hab ich nie. Coronatest war negativ. Montagfrüh hab ich Arzttermin, bin echt gespannt. Und hoffe dass die Schmerztablette wirkt. Weil selbst die Lutschpastillen die äußerlich betäuben sollen null Wirkung haben

Wohenrückblick 23.Juli 2022

– Freude: wenn man sich zum zweiten Mal in der Woche eine Schokofrucht vom Volksfest gönnt und der junge (wahrscheinlich neue) Verkäufer nur 3,50€ statt 4,50€ verlangt 🙂

– Die Süchtigen und ich. Darüber könnte ich ein Buch schreiben. Es ist mal wieder soweit. Ich hocke in dem Loch namens Coabhängigkeit. Das ist so zermürbend. Da weiß ich schon alles darüber und tappe doch immer wieder hinein. Ich erkenne es oft immer noch zu spät. Aber ich komme schneller wieder davon raus, als früher. Immerhin.
Wir passen immer gut zusammen, der Süchtige und ich. Wie Schloß und Schlüßel. Man findet sich. Man findet sich anregend und spannend. Der eine übernimmt keine Verantwortung, der andere übernimmt sie. Der eine will sich dauernd bedienen lassen, ich bediene. Ich war vor 20 Jahren in einem örtlichen Chat. Man kannte sich untereinander, man traf sich öfters zum brunchen, zum sporteln, zum feiern. Eine bunte Mischung, vom arbeitslosen bis zum Chef, weiblich, männlich, alles. Ich glaub der Hälfte der Männer half ich: Mit seelischer Unterstützung, mit Sex, mit einem Bett zum ausruhen, als Unterhaltung für einen Abend, als Aufpasserin wenn sich einer mal wieder die Kante gab und ich seine Brille bewahrte oder ihn heim begleitete. Ich hielt Kontakt zum Anwalt, als einer der Typen im Knast saß, natürlich besuchte ich ihn auch dort und regelte seinen Scheiß.
Verantwortung? Übernehm ich gerne! Alles organisieren, schauen, machen tun? Ich kann das! Das wäre auch nicht das Problem. Das Problem ist, dass dieses geben zu einseitig ist. Es gibt ja vieles was ich nicht machen kann oder will, das könnte ja dann der andere machen. Aber da kommt dann: ach ne da bin ich zu naiv, zu schusselig, das kann ich nicht blaablaaa und weil es dann einfacher ist: mach ich es halt doch.
Dann geht es mir schlechter und schlechter. Ich verfalle in eine Depression, vegetiere vor mich hin, phantasiere Suizidpläne. Wundere mich, warum es mir so schlecht geht…hm?
Ich habe mich wieder mal selbst verloren. Die Verbindung zu meinen Bedürfnisse, Gefühlen und Wünschen. Ich fühle mich leer. Ausgesaugt. Ausgelaugt. WO ist meine Energietankstelle?
Ich fand letztens einen guten Satz über Süchtige:
„Bei Drogensüchtigen sagt man auch: Sie sind „stoned“, d.h. man könnte genausogut versuchen eine emotionale Beziehung zu einem Stein herzustellen.“
Absolut! Man ackert also für NIX. Man verhungert emotional, man fühlt sich nicht nur innerlich leer, man ist es auch. Solange bis man seinen Fokus wieder nach innen, zu sich richtet und sich und sein Leben wieder spürt und somit füllt.
Mir fehlen die Grenzen in Suchtbeziehungen. Es entsteht sofort (oder relativ schnell) eine ungesunde Symbiose. Ein ICH gibt es nicht mehr, eher nur noch ein ER  (manchmal auch eine SIE) oder WIR. Es gibt nur ein entweder ganz oder gar nicht. Verschmelzung oder gar keinen Kontakt. Vielleicht ist das auch normal, wahrscheinlich geht das in Suchtbeziehungen gar nicht anders.
Ich jedenfalls habe mal wieder die Schnauze voll davon, ertrinkende zu retten, die sich gar nicht retten lassen wollen, sondern ihr bequemes Leben weiterleben wollen, ohne Verantwortung für sich zu übernehmen.
Ich bin dann mal weg….

– lustig: Montagnachmittag bei brütender Hitze ins Kino zu gehen ist das beste was man als Sozialphobiker machen kann: Eine Bekannte und ich hatten das Kino für uns alleine 😉 haben das so genossen. Leider war der Film eher mau: Liebesdings. Naja wenigstens Elyas M’Barek mal wieder in Leinwandröße gesehen *Glotz-und-sabber

– Wohnungssuche: hatte ne Anzeige aufgegeben, in der ich eine neue Wohnung suche. Was da alles zurückkam…die meisten wollten diese Wohnung haben. Haha, die konnten wohl nicht deutsch oder was weiß ich, dann kamen die Liebesangebote: Bin der Jürgen und suche eine Frau, und nur ein mickriges Angebot kam und als ich zurückschrieb, das ich Interesse hätte, kam: nix mehr. Nunja, mal sehen was sich da noch so entwickelt.

-Melancholie fühlt sich an wie Heimweh, während man zuhause ist…

Wochenrückblick 17.Juli 2022

– Abgrenzung. In der S-Bahn. Wir hocken zu dritt in der 4-er Sitzgruppe. Ein Typ fragt ob er da noch Platz habe, jeder rückt ein wenig rum, der Typ is ein Bär und fast 2m groß. Sitzt mir gegenüber. Fängt das plaudern an. Ich sei ja auch sehr groß. Nicke gelangweilt. Der Typ hat von nonverbalen Kommunikation soviel Ahnung wie eine Maus von der Mondlandung (unterstelle ich ihr einfach mal). Ich schaue gelangweilt aus dem Fenster. Der Typ labert und labert und labert….unter anderem, dass von den Münchner Frauen so wenig zurück kommt. Ach…ACH…2 Stationen redet der ohne Punkt und Komma. Hab ich schon gesagt, dass er extrem fettige Haare, eine schmierige Jacke und eine Maske die schon halb zerfiel hatte? Er labert weiter, Sie sind ja bestimmt vergeben…und bla…früher hätt ich mitgemacht: genickt, ein aha und jaja gesagt…diesmal nicht und es ärgert mich immer noch nicht gesagt zu haben: „Wenn vom Gegenüber nix zurück kommt, dann meistens weil er seine Ruhe haben will und wissen Sie was? Ich will das auch: einfach meine Ruhe!“ Ich habs nich gesagt, weil ich örtlich zwischen zwei Menschen eingeklemmt war und nicht wußte wie der Riese drauf reagiert. Schräg war er ja schon drauf. Auf jeden Fall bekam ich zum Schluß den netten Hinweis: ach lachen Sie doch mal. Spätestens da hätt ich brüllen sollen: laß mich doch einfach in Ruhe du beschissenes Arschloch.

– mich nervt meine eigene Unzufriedenheit. Nix passt mir! War ich arbeiten, wars scheiße. Zur Tafel wollt ich aber auch nicht, weil auch nervig (eins von beiden muss ich aber machen), geh ich zum Friseur, schneite die mir das viel zu kurz, aber hej das is ja jetz im Hocsommer gar nich so verkehrt, egal es passt mir nicht Das is so ätzend. Ich werde mehrmals gelobt für meine sehr gute Arbeit, es kommt nicht bei mir an, ich fühle mich nicht gut dabei! Auch im Chat passt mir keiner, der eine is zu weichlich, der andere zu still, der nächste schreibt zu viel, der andere will ja nur Sex, irgendwas find ich schon was mir nicht paßt, darauf is Verlaß…Wer zum Henker hat meine Zufriedenheit geklaut?

– Termin: Nochmal in der Traumaambulanz angerufen. Es hieß ich solle das im Juli nochmal tun, weil grad Terminstopp ist. Der wurde nun verlängert, bis August. Boah echt schwer das auszuhalten.

– Arbeit: Meldete mich für einen Auftrag: Endreinigung. Das mach ich ja am liebsten. Ohne persönliche Gegenstände, große Flächen, kein Kleinscheiß. Als ich ankam musste ich feststellen, dass das bis vor wenigen Tagen noch eine Baustelle war. Es sah sehr wüst aus. Und ich war froh, dass ich vorab fragte, wie lange die Reinigung ca. dauert und als Antwort kam 2-3 Std. So ging ich dann auch nach 3 Stunden. Obwohl da gerade ein minimaler Erfolg sichtbar war. Die Eigentümerin half mit, was mich natürlich stresste, weil man zwischendrin doch immer wieder quatscht und schaut was macht der andere grad so. Es war zwar eine nette Frau, die einfach froh war, dass ihr jemand half und auch eher schweigsam und die meiste Zeit war sie auch zum Glück im Garten. Wie dann später heraus kam: es sollte eigentlich noch jemand kommen, aber der kam einfach nicht. Ohne Absage, ohne irgendwas. Daher: Ich werde in Zukunft NIE mehr ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich rechtzeitig absage, weil es gesundheitlich nicht geht!!! Andere scheißen sich da ja überhaupt nix. Trotzdem war ich so kaputt und am nächsten Tag auch noch, das ich das erstmal wieder lasse. Aber immerhin ich habs probiert!

– ungutes Gefühl: was kommt da im Winter auf uns zu? Kalte Wohnungen? Irgendwie hatte ich dann den glorreichen Gedanken: Die Hitze des Sommers irgendwie konservieren…einfrieren vielleicht? *grins

– weitere komische Gedanken: das Licht in der Tiefgarage geht ja durch Bewegungsmelder an, das dauert aber immer ein bisschen. Mir dauerte es zu lange und so zog ich kurzerhand an der Schnur, die das Tor öffnet. Ahja…
Das nächste war noch schräger: mir war die Musik zu laut und weil ich grad am Heizkörper vorbeiging wollte ich den abdrehen. Im Sommer. Weil die Musik zu laut war. MUSS ICH MIR SORGEN MACHEN???

– Christopher Street Day: Ja ich hatte Bock drauf hinzugehen und JA ich ging hin und JA es hat echt Spaß gemacht: Die Sonne, der schattige Platz unter den Bäumen, all die gut gelaunten, lachenden, kreischenden, singenden, tanzenden Leute, die tollen Dragqueens, die anderen toll gestylten Menchen, den Beat mal wieder im Magen zu spüren, der Konfettiregen, die Gerüche, mitfeiern, klatschen, staunen, plaudern. Doch ich habs fast genossen. „Fast“ weil mir die Menschenmenge doch mehr ausmachte als gedacht, ich hatte am nächsten Tag Muskelkater im Oberschenkel, da war ich wohl doch sehr verkrampft. Was mir zeigt:Meine wilde Zeit ist wirklich vorbei, ich weiß nun dass so ein voller lauter Club mitten in der Nacht nichts mehr für mich ist (wenn ich nachmittags- open air schon Streß habe) und das ist ok so. Naja nur halb ok, weil ich mich in der Technoszene sehr heimisch, wohl und zugehörig fühle (was ich sonst nirgends so fühle).
Meine wilde Zeit als ich auch aufgestylt (zu solch Paraden auch immer wild angezogen) feiern ging, hab ich sehr genossen und erinnere mich gern daran, ich brauche es aber nicht mehr.

Angststörung


Es gab tatsächlich noch einen zweiten Engel, der mir während der Gartenarbeit geschickt wurde. Ich hatte noch Lust die vertrockneten Blätter, Stengel ect. wegzurupfen. Der Hausmeister meinte zwar das brauche ich nicht zu machen, aber ich hatte Lust drauf und es war auch nötig, ich habe 2 volle Eimer weggeschafft. Als ich so vor mich hinwerkelte kam wieder eine Frau und meinte: „Ihr macht das echt immer so schön !“, anscheinend hab ich so verdutzt geschaut, dass sie das gleich mit einem „doch wirklich!!“ bekräftigte. Das hat mich natürlich sehr gefreut, so eine direkte Wertschätzung, wo ich doch als alte Sozialphobikerin denke, dass die Leute mich immer und ständig verurteilen und bestimmt nur das allerschlimmste von mir denken. Crazy Gehirn halt…
Kommentar vom Hausmeister nach seinem Urlaub und als er den Garten sah: „So schön sah das noch nie nach meinem Urlaub hier aus!“ OHHH wow. Er ist kein Typ der so Floskeln sagt um nett zu sein oder freundlich oder um sich einzuschleimen. Wie gesagt, er ist extrem penibel und man hat ständig das Gefühl unter seinen Argusaugen schlecht wegzukommen, er macht manchmal so einen mürrischen und abweisenden Eindruck, dass man sich oft gar nicht traut ihn zu grüßen.
Also: Arbeit gut erledigt. Kommt das in meinem Angsthirn an? NEIN! Denke ich das nächste Mal: ach das schaffe ich schon, ich hab schon ganz andere Dinge gut gemacht? NEIN! Traue ich mir nun die nächste Herausforderung zu? NEIN! Kann ich mich selbst loben und mir sagen: hej super gemacht? NEIN! (Naja ein wenig, ich kann immerhin die Schwierigkeit sehen und annehmen, dass das „was draußen machen“, mit Sozialphobie nicht einfach ist und mir sozusagen die Panik auch erlauben und mich nicht dafür verurteilen. Kann ich mich drüber freuen, dass ich das gemacht und geschafft habe? NEIN!
Es ist wie verhext. Arbeitgeber waren immer zufireden mit mir, Eltern die mir ihre Kinder anvertrauten waren begeistert von mir, die meisten im Arbeitsumfeld mochten und schätzten mich und doch kommt das nicht an. Als wäre das Schloß zum Selbstwertgefühl/Selbstvertrauen zugemauert. Ich habe sozusagen eine Selbstwertentwicklungsstörung. Das ist so frustrierend. Und so kräftezehrend. Bei jeder Herausforderung (und das sind mit Angststörung sehr viele, was für andere völlig selbstverständich ist) hab ich wieder den Scheiß. Angst, Anspannung, Panik, Gedankenkarruseel, am liebsten absagen, flüchten, mache ich es, wirds nicht besser (von wegen die Angst wird weniger, wer erzählt dieses Märchen?) danach völlig kaputt und sich schwören, dass man nie mehr irgendwas macht.
Es gab dann vom Hausmeister noch eine Dankeschön-tüte mit einem sehr leckeren Kürbiskernöl und einem satten Trinkgeld. WOW!

Noch so ein Beispiel: Ich bekam 2 Freimarken fürs Volksfest. Einmal für Getränk und einmal für ein Brathendl.  Volksfest ist für mich schwierig. Sehr schwierig. In ein Bierzelt zu gehen quasi unmöglich. Eins der größten Trigger überhaupt. Die letzten Jahre hab ich die Marken immer verschenkt. Jetzt packte mich aber mal wieder der Ehrgeiz und ich wollte es probieren. Und ich ging kleine Schritte: ich geh hin, ich geh ins Bierzelt und schau mir an wo die Theke ist (nah am Ausgang?), wieviele Leute da sind, welche Atmosphäre, welche Musik usw. wenn es nicht geht, ist das OK dann hol ich mir einen Schokofrüchtespieß und was warmes vom Metzger. Es hat geklappt. Kaum Leute (aber wie ich merkte, streßt mich das Zelt auch leer sehr) und die an der Theke waren so nett, dass wir sogar ein wenig rumalberten und ich stolz wie Bolle MIT Hendl heim ging und es deswegen natürlich gleich doppelt gut schmeckte.
Aber da sieht man mal wie verstörend so ne Angststörung sein kann: Ein Hendl holen? Whats the Problem???? Tja geficktes Hirn halt…

Ich les grad ein Buch: Läuft bei mir nicht (das „nicht“ ist durchgestrichen), Untertitel: wie Du Deiner Depression auf die Nerven gehst. Es ist kein Ratgeber, sondern die persönliche Geschichte einer Frau, die nicht nur an Depression erkrankt ist sondern eher noch an einer Angststörung, das merkte ich aber erst beim lesen. Das gefiel mir gut, weil ja bei mir auch eher die Angst als die Depression vorherrschend ist.
Nur bei den meisten angstgestörten läuft das meist folgendermaßen ab: Sie wachsen relativ normal und gesund auf und dann in der Jugend oder im Studium oder bei sonst einem Anlass (bei meinem Vater war der Auslöser die Geburt des 2.Kindes, das ich war) bricht die Angststörung aus. Die Menschen nehmen all die Angst, das Herzrasen, den Schweiß, den Tunnelblick bewußt wahr und wissen, dass da was anders läuft wie sonst. Sie entwickeln dann alle möglichen Strategien, um das zu vermeiden, bis ihr Leben so eng und klein wird, dass sie an ihren Tiefpunkt gelangen und finden dann was, was ihnen hilft und tara ihr Leben geht (fast) ohne Angst weiter.
Bei mir war das (mal wieder) anders. Für mich gehört Angst (große Angst) schon immer zum Leben, seit ich denken und mich erinnern kann. Innere Unruhe ist mein zweiter Name.
Schon mit 5 Jahren im Kindergarten, traute ich mich nicht zu sagen, dass ich auf Toilette müsse und näßte dann regelmäßig ein. Was zur Folge hatte, dass sich meine Mutter über mich lustig machte (sehr hilfreich): „haha wenn die Lalua andere Klamotten anhat, hat sie mal wieder in die Hose gebieselt!“ Ich weiß nicht ob das ab dem Zeitpunkt passierte, als ich mal alleine im Kiga auf Toilette ging und ein Junge über die Trennwand rüber schaute, was mir sehr unangenehm war. Die erste scheiß Erfahrung von vielen mit Jungs, später Männern.
Für mich gehörte Unwohlsein in Gegenwart anderer und große Anspannung vor allem möglichen schon immer dazu. Ich fühlte mich immer anders, ausgestoßen, unwirklich, seltsam. Während andere Kinder zusamen spielten oder feierten stand ich heulend oder zumindest stumm daneben.
Auch in der Ausbildung und dann im Berufleben war es für mich normal immer weite Sachen zu tragen, damit man die Schweißflecken nicht sieht. Für mich war es normal, dass ich im Auto die Lüftung so einstellte, dass die mir unter die Achseln pustete.
Alles war immer Kampf und anstrengend. Entspannung war ein Fremdwort.
Trotz allem mied ich wenig. ich wußte ja nicht, dass ich ANGST hatte, ich fühlte mich nur sooft unbehaglich, angespannt, ernst, schwer, aber das war für mich normal, weil ich das ja schon immer so fühlte.
Im Gegenteil ich zog hinaus in die Welt, früh weg vom Elternhaus, viele Dates, Partys, wechselnde Arbeitsstellen und Wohnungen, ich war unterwegs. Und als es mir immer schlechter ging, ging ich zum Arzt, der schickte mich weiter zum Psychiater, ich war energielos, müde und lustlos, es wurde eine Depression dignostiziert. Aber Angst? Ich? neeeee….Und wieder ging ich hinaus: in Selbsthilfegruppen, in Kliniken, in Theapie, ging weiter einkaufen und Bahn fahren, fuhr sogar allein weit weg in den Urlaub, mehrmals, selbst wenn ich vor lauter Anspannung fast mein Herz auskotzte. Ich schonte mich nicht. Erst als es eine Stufe höher ging und ich vor Angst vor anderen Menschen nicht mehr essen und trinken konnte wurde auch mir klar, dass das Angst ist. Und als ich einen Mann kennenlernte der eine soziale Phobie hatte, wußte ich genau was das ist, ohne mich damit in Verbindung zu bringen! Das brauchte nochmal ein paar Jahre bis ich schnallte: Angststörung! Hab ich!
Alles „durch die Angst gehen“ und nicht vermeiden half mir: Nix! Ich wurde nicht entspannter! Es war und IST immer Streß! Der Supermarkt, der Arztbesuch, das Telefonat, der Friseurbesuch, arbeiten (wenn ich es mal kann) oft reicht schon über eine Straße zu gehen vor der lauter Autos warten. Ich will dann sofort unsichtbar sein und weil das nicht geht: einfach nur nach hause.

Vor Menschen kann ich wieder essen, aber nicht alleine im Restaurant, auch wenn ich das schon ein paar mal geschafft habe, aber ein Genuß war das nicht. Bahn fahren geht auch mal besser, mal schlechter,  wie alles.
Ich habe mich immer angestrengt, immer alles ausprobiert, damit diesAnspannung, diese Angst weniger wird. Es wurde nur minimal besser. Es gibt Zeiten da vermeide ich mehr, weil es nicht anders geht, weil jedes vor die Tür gehen Streß ist. Das ist so auslaugend und erschöpfend, dass dann nur das nötigste geht. Das ist in Ordnung, das gestehe ich mir inzwischen zu.
Doppelt anstrengend ist, dass ich mir nicht anmerken lassen will, wieviel Angst ich habe. Zum einen würde ich mich natürlich sehr verletzlich und angreifbar damit machen und zum anderen ist die Scham natürlich hoch (da brauchst du doch jetzt echt keine Angst zu haben, da ist doch nix! ect..) dieses starke Gefühl zu unterdrücken ist schon heftig.
Ich muss mich mit dem Gedanken anfreunden, dass diese Angst mir bleiben wird. Ich sollte ihr einen Namen geben und sie als Wesen außerhalb von mir wahrnehmen, das de-identifizieren hilft schonmal ein Stück, gelingt aber nicht immer.
Und dass diese Angst krankhaft ist. Eine Krankheit. Nicht meine Charakterschwäche, nicht Faulheit, nicht Blödheit.
Das ich nicht so frei und locker wie andere leben kann, nicht länger arbeiten kann, Beziehungen, Veranstaltungen usw inzwischen meide und mich soviel verkriechen muss, obwohl ch es gern anders hätte,  ist unerträglich. Das ist kein Leben

Depressiver Sommer

Es ist weiterhin alles zäh. Ich esse sehr wenig, was nicht weiter schlimm ist, noch hab ich ein paar Kilo in Reserve, es fällt mir halt nur auf, dass ich weder Hunger und ganz wenig Appetit habe. Es macht auch nix Freude. Keine Sonne, kein radeln, kein schwimmen (und das will bei mir was heißen!), kein schönes Lied, keine Tortenstück. Das macht das Leben ziemlich trist, trostlos, grau. Das würde eher zum November passen, aber nicht in den Hochsommer wo einem von allen Seiten entgegen schallt: Juhu Sommer! Wärme! Grillen! Freibad! Spaß! Gute Laune! Und ich fahre innerlich meinen Mittelfinger aus und denk mir nur: Am Arsch.
Nunja diese Phasen kenne ich ja leider nur zu gut. Ich kann mich größtenteils so lassen. Hilft ja nix.
Donnerstag war allerdings ein voller Tag und das war auch ok so: In der früh die Blumen gießen, dann lange radeln, weiter ging es nach München wo ich mich kurz mit einer fremden Frau traf und dann ging es mit einem Freund noch in den Biergarten. Das ganze bei 28 Grad. Und sehr wenig Schlaf. Ich war so fertig danach, dass ich mit Mühe bis 20 uhr wach blieb, um dann sofort einzuschlafen und bis um 7 Uhr nicht wieder aufzuwachen. Doch ich war noch lange nicht fit. Bis Mittags schlief ich immer wieder ein, mit nur kurzen Pausen und nachmittags lag ich dann auf der Couch, um dann die nächste Nacht wieder durchzuschlafen. Wow so heftig hatte ich das schon lange nicht mehr! Wie sehr mich doch vieles anstrengt. Was ich immer noch nicht annehmen kann und lieber mit dem Kopf durch die Wand : Das muss aber gehen! Das muss ich aber können! Das kann nicht sein! Tja….
Jetzt bin ich wieder einigermaßen fit. Passend dazu zog ich heute einen Brief vom Amt für Soziales aus dem Briefkasten. Die Schwerbehinderung wurde überprüft und man sah, das sich seit 2019 mein Zustand nicht verändert hat und deswegen eine Neuüberprüfung nicht mehr fällig ist. Aha, das heißt? Unbefristet? Wann kommt der neue Ausweis? Oder wie oder was…naja ich werde mal abwarten.

Kirsten Armbruster

Naturwissenschaftlerin - Patriarchatskritikerin - Denkerin - Publizistin - Mutter

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TRAUMALEBEN

Leben mit Entwicklungstrauma / komplexer PTBS & Traumafolgestörungen

Al-Anon Blog

Deutschsprachige Beiträge und Informationen zu Al-Anon

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Hanni hat Heimweh

Auf der Suche nach Ruhe und Sicherheit, aber leider nur stark im Auffinden von Chaos und Gespenstern.

Sick Girl

Depression

Herzensgrenze

Überleben als Introvertierte mit dem Wrong-Planet-Syndrom

Hochsensibel und Multipassioniert

Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer. Antoine de Saint-Exupéry

Eine Art Tagebuch

Amat victoria curam