Wie wahrscheinlich halb Deutschland, hatte auch ich eine sehr unruhige Nacht heute. Der Sturm rüttelt und scheppert und pfeift, dass ich trotz Ohrstöpsel immer irgendwie halbwach war. Von daher bin ich saufroh, heute nicht arbeiten zu müssen. Die Bewohnerin hat mir abgesagt. Juhu.
In letzter Zeit habe ich wieder vermehrt Kloträume gehabt. Langsam nervt es echt. Nie fühle ich mich sicher, nie habe ich meine Ruhe, nie bin ich alleine, nie kann ich mich abgrenzen (Tür verschließen). Ich glaube inzwischen sehr stark, dass es mit dieser Wohnung zu tun hat. Ich fühle mich hier auch nicht mehr wohl, nicht mehr sicher. Zum einen stört mich die offene, hohe, unruhige Bauweise, dann ist mit den direkten Nachbarn knatsch seit ich die Polizei rief und durch den Wasserschaden letztes Jahr wurde das fehlende Sicherheitsgefühl natürlich massiv verstärkt.
Eh schon mit PTBS-Symptome am rumquälen, verlor ich da auch noch meinen sicheren Ort, musste 2 Monate woanders wohnen, während hier ständig wildfremde Menschen ein und aus gingen, die Wohnung zur Baustelle machten und natürlich meinen Schlüssel hatten. Grenzverletzung pur. Mal wieder.
Seitdem überlege ich umzuziehen. Nach 15 Jahren endlich weg von hier. An guten Tagen genieße ich es, wenn ich draußen bin und bekannte Gesichter grüße und mal für nen Plausch stehen bleibe. Die meiste Zeit wünsche ich mir aber einfach Anonymität.
Jetzt hat „leider“ diese Wohnung sehr viele Vorteile: Zwar nur 35qm groß, aber auf 2 Ebenen, sodass das Schlafzimmer oben getrennt ist und darunter sich das Wohnzimmer befindet, das macht viel aus, wenn man fast immer zuhause ist, dann eine große überdachte Dachterrasse, eine nur 4 Jahre alte Küche, ein neues Bad, einen ganz tollen Vermieter und eine engagierte Hausverwaltung, sowie einen eifrigen Hausmeister, der hier alles super in Schuß hält. Das wichtigste aber: Im Umkreis von 1,5km habe ich: viele Supermärkte, Apotheken, DHL/Hermes, Kleidungsgeschäfte, Bioladen, Ärztehaus, Drogeriemarkt, Metzger, Bäcker, Imbiß, Buchtauschhaus, Schuhladen, Friseur, Eisdiele ….und wenn ich wie sooft eh schon Schwierigkeiten habe aus dem Haus zu gehen, ist es immens von Vorteil, wenn ich nur schnell 200m in den erstbesten Supermarkt huschen muss und schnell wieder zuhause bin. Auch der Bahnhof ist nur 5mins Fußweg entfernt! Zumal ich auch kein Auto habe. Und genauso schnell bin ich auf weitläufigen Feldern und Wäldern zum spazieren und radeln. Perfekt!
Ob ich sowas nochmal finde?
Ob ich den Streß eines Umzugs nochmal packe? Zumal ich viel koordinieren muss, da das Sozialamt erstmal das OK geben muss, dann der Vermieter usw.
Ich war mal wohnungslos, gute 9 Monate. Die ersten Wochen tingelte ich ein wenig durch Europa dann arbeitete im Freiwilligendienst in ÖSterreich, aber irgendwann war es genug und ich wollte wieder eine Basis, ein zuhause. Da es niemanden gab wo ich unterschlupfen konnte, musste ich wieder zu meiner Mutter zurück. Eine sehr schlimme Zeit, ich musste soviel innerlich abspalten, um das zu ertragen und dann fand ich endlich diese Wohnung in der ich seitdem lebe. Der Wasserschaden triggerte das nochmal immens: kein eigenes, sicheres Zuhause! Was also wenn das jetzt nicht funktioniert, da kündigen, das OK des Amtes, die neue Wohnung zum richtigen Zeitpunkt…. Der finanzielle Aspekt nicht zu unterschätzen: Transporter mieten und vielleicht eine Hilfskraft bezahlen, dann brauch ich eine neue Waschmaschine und einen neuen Kleiderschrank, und evtl. noch einen Teil der Kaution, weil die jetzige die ich dann rausbekomme wahrscheinlich zu wenig ist. Also schon wieder finanzielle Knappheit, das ist SO zermürbend!!
Aber noch eine wichtige Frage: Schieße ich mich damit nicht komplett ins Aus? Ich habe derzeit wenige Bindungen (Therapeutin ist weg, 2 sehr gute Bekanntschaften lösten sich auf, meine Tante wurde auch sehr still weil sie selber massive Probleme hat), diese Einsamkeit und Heimatlosigkeit ist für mich sehr belastend, weil sich so meine ganze Jugend anfühlte. In einer wichtigen Zeit also, wo sich das Hirn nochmal neu vernetzt und formt. Allein wenn ich hier zur Tafel gehe, werde ich gesehen, man ratscht, man legt was für mich weg weil man weiß das ich das mag/vertrage, man verabredet sich zum spazieren gehen…das ist ein wichtiger Sozialbaustein.
Schwierig.
Aber hier bleiben wird auch immer schwieriger. Ich kann diese Bude nicht mehr sehen, den Ausblick aus dem Fenster, die Sonneneinstrahlung je nach Jahreszeit, die Umgebung zum radeln und spazieren… immer dasselbe, für mich ist das extrem quälend. Es heißt nicht umsonst tödliche Langeweile. Ich bin ein Dopaminmensch, ich brauche viel neues, das ist für mich nicht nur eine Laune, sondern Lebenselixier!
Schlimm auch: immer das erschrecken wenn die Nachbarn rumwerkeln, alles ist so hellhörig, ich sehe sie wenn sie an meiner Wohnungstür vorbei gehen, auch die Nähe zu anderen Nachbarn (man kennt sich halt, untereinander wird viel getrascht, für mich Sozialphobiker echt ätzend) ich fühle mich so ungeschützt!
Wahrscheinlich hilft nichts anderes, als es einfach mal probieren: Anzeigen schauen/selber schreiben, Wohnungen besichtigen, gut mit mir im Kontakt bleiben, ist das normale Nervosität oder überfordere ich mich komplett, ist der Streß so schlimm, dass ich wieder mit Verdacht auf Herzinfarkt beim Doc sitze, wie letztes Jahr? Bis zur Unterschrift eines Mietvertrages ist es ja ein Weg…Davor kann ich immer noch jederzeit absagen