Mich treibt das Thema „Freunde“ weiter um.
Wann ist es legitim sich zu trennen? Wo hat der andere die Verantwortung für sein Verhalten zu tragen und wo muss ich mehr Verantwortung für mich übernehmen? Und warum kann ich den anderen nicht mehr sosein lassen wie er ist, wenn es in Bereichen ist, die mich nichts angehen?
Und versuche ich es mit dem ein oder anderen Menschen nochmal, wo schon länger eigentlich kein Kontakt mehr besteht ?
Also mit ein sehr großer Punkt ist definitiv, dass ich vom anderen erwartet habe, dass er sich emotional um mich kümmern sollte. Ich tat das ja schließlich für denjenigen auch. Ich helfe dir, du hilfst mir. Das Problem: das war so nie klar ausgesprochen. Ich hatte es schlicht erwartet: Der/die hat das zu tun! Und wenn er es nicht tat, sah ich mir das ne zeitlang an und bei der nächst größeren/kleineren Mißachtung flippte ich aus (aber nur innerlich) und brach den Kontakt ab. Der andere hatte nichtmal die Chance a) sein Verhalten zu ändern, b) überhaupt zu erfahren um was es geht oder c) sich zu klären und mit mir zu reden!
Als Beispiel: ich habe T. immer wieder unendlich lange, ihren extrem ausführlichen Berichten über ihr Gefühlsleben zugehört. Nie habe ich gesagt, Du T. komm mal bitte aufn Punkt. oder: Du T. ich telefoniere gerne mit Dir, aber lass uns das auf eine halbe Stunde begrenzen. Man kann es auch ironisch, verärgert, humorvoll wie auch immer sagen. Es gibt ganz viele Möglichkeiten dem anderen zu zeigen, dass man mit etwas nicht einverstanden ist. Bei T. kam das Ende unserer Freundschaft, dass sie in Süddeutschland einen Lover hatte und sie kam aus Norddeutschland. Als sie wieder einmal ihren Lover besuchte (mich übrigends nie, was schon die ersten narzisstischen Wunden in mir aufkratzte) und in München umsteigen musste, sagte ich: „Super, sag mir wann der Zug ankommt, ich bin da, fürn kurzen Plausch oder ne Umarmung wirds schon reichen!“ Das würdest du tun? Meinte sie ganz erstaunt! Ja mann, seit Jahren erzählen wir uns am Telefon die intimsten Sachen, ich wollte sie einfach mal wieder live sehen und ja ich wäre hingefahren (gesamte Fahrzeit. 1 Stunde fü mich, plus Fahrgeld), das macht man doch für Freunde. Mit einer sehr laschen Ausrede ließ sie mich wissen, dass sie nicht will, dass ich komme. Daraufhin schrieb ich ihr einen sehr bösen Brief. Sie antwortete nie. Das wars dann.
Interessant wäre es gewesen, wenn klar gesagt hätte wie verletzt und enttäuscht ich bin (Ich-Aussage, statt Vorwürfe) und mich in der Zukunft etwas kühler ihr gegenüber verhalten hätte und vor allem für mein Wohlergehen selbst die Verantwortung übernommen hätte. Ob wir noch befreundet wären?
R. ist auch ein gutes Beispiel. Auch langjähriger Freund. Extrem intelligent, der genauso sehr Neues liebte wie ich. Mit ihm habe ich viele tolle Stunden verbracht. Abenteuerlustige Ausflüge, kreative Nachmittage, sportliche Stunden und interessanten Gedankenaustausch. Am Wasser, aufm Berg, bei ihm zuhause, bei mir zuhause, in der Stadt, auf dem Land. Was mich bei ihm störte waren zweierlei, einmal seine mangelnde Hygiene und das andere, dass er mehrmals fragte ob wir nicht doch hin und wieder ins Bett gehen könnten, so ala Freundschaft plus (ein weiterer Punkt bei Freundschaften, ob das unsexuell zwischen Mann und Frau klappt, wenn beide heterosexuell sind, darauf will ich aber nicht weiter eingehen). Ich habe nie mit ihm geflirtet, nie Anspielungen gemacht, nie Hoffnung und habe seine Avancen immer verneint. Das Aus unserer Freundschaft kam nach einem Kurzurlaub. 3 Tage am Stück, das war zuviel. Er wahrte zwar Abstand, obwohl wir eine Ferienwohnung nahmen, aber er nervte mich unsäglich. Er fuhr katastrophal Auto, wie jemand in der ersten Fahrstunde, er hinterließ das gemeinsame Bad dreckig, er kratzte sich im Restaurant mit der Gabel (nicht mit dem Stil sondern der Forke) am Kopf usw. Das war zuviel. Besonders tolerant scheine ich nicht zu sein. Ich wollte mit ihm nichts mehr zu tun haben.
Meine Verantwortung wäre es gewesen, mich ehrlich selbst zu fragen, ob ich 3 Tage mit ihm in einer Wohnung leben möchte. Ich kannte ihn ja und wußte wie er drauf ist. Aber ich schob das weg: geht schonmal, sind ja nur paar Tage, wird bestimmt nett usw…
Auch ihn vermisse ich gelegentlich und frage mich, ob ich nicht überreagiert habe.
Auf der anderen Seite kann ich verletzendes Verhalten mir gegenüber sehr lange ertragen, weil ich denjenigen nicht verlieren will. Mich mies behandeln zu lassen, das war ich lange gewohnt. Was mir immer noch schwer fällt, ist sofort IN der Situation meinen Ärger zu zeigen (ich übe aber fleißig): ein entsetztes Augen aufreißen, ein „spinnst du“, egal was. Dann wüßte der andere auch mehr woran er bei mir ist. Selbst wenn ich es erst später anspreche, ist das schon ein großer Fortschritt für mich und bei den meisten entsteht dann erst recht Nähe. Weil ein Gespräch über die Beziehung stattfindet, Gefühle und Gedanken zeigen schafft Nähe.
Symbiotisch verstrickt, das ist mein Dilemma. Zusammensein ohne meine Autonomie zu verlieren. Ich sein dürfen und den anderen sein lassen.
Mit J. kann ich das derzeit ganz aktuell üben. Ich habe ihm gesagt, dass mich sein Komentar verletzt hat. Er hat sich entschuldigt, für mich ist das dann auch om Tisch. Ich habe gemerkt, dass er mich genervt hat und statt wieder komplett den Kontakt abzubrechen, bat ich um Kontaktpause. Das wiedersehen danach war umso schöner!
Langjährige Freundschaften hatte/habe ich nicht. Oft stand mir da auch meine Überheblichkeit im Weg. Der andere war mir nicht gut genug. Auch das habe ich natürlich erst später erkannt und in den Spiegel zu schauen, ist nicht immer schön. Um einige Menschen tut es mir echt leid. Die eine Kollegin mit der ich sogern zusammenarbeitete, der eine Mann der mir echt den Hof machte und sich dabei tolle Sachen einfallen ließ, die ehemalige Mitbewohnerin und natürlich auch einige Mitschülerinnen.
Freundschaft für mich echt ein Minenfeld.
Wie sieht es da bei Euch aus? Alte Freundschaften wiederbelebt? Viele verloren? Was ist für Euch Freundschaft/woran erkennt ihr sie? Was muss der andere haben, damit er ein Freund werden kann?
Würd mich echt interessieren 🙂
Oh ja, auch wieder ein Thema, das mich sehr betrifft. Habe auch vor einiger Zeit einen Artikel über Freundschaften geschrieben und viele Sache wieder reflektiert… Bin auch ein Mensch, der sehr viel runterschluckt und erträgt – früher bin ich auch irgendwann geplatzt und es war aus. Habe mir seit ein paar Jahren angewöhnt die Person vorsichtig darauf anzusprechen, wenn mich etwas verletzt hat. Sage es dann auch nochmal und nochmal, wenn meine kommunizierten Grenzen überschritten werden oder ich ein Verhalten stark unsozial und gemein finde. Aber irgendwann geht es bei mir dann auch heute nicht mehr, wenn das Verhalten bleibt. Dann sag ich heute meistens, dass es nicht ehr geht für mich. Meist über eine Mail oder NAchricht, denn so von Auge zu Auge würde ich wieder weich werden und die Person unbedingt in meinem Leben behalten wollen. Ja ja Trauma… Ansonsten mache ich mich sehr viel innerlich fertig und entschuldige mich tausend Mal, wenn ich mich bei einer Freundin lange nicht gemeldet habe wegen Depressionen oder so. Habe da einfach immer noch ein krassen Schäm-Faktor oder „Bitte sei mir nicht böse – Faktor“, der wirkt…
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Ja das kenne ich auch, habe mich fast immer schriftlich verabschiedet, aber eher aus Angst vor Konfrontation. Das schlechte Gewissen umgehe ich, indem ich mich oft bei Leuten melde, obwohl ich nicht mag, aber meine zu müssen. Alte Coabhängigkeit. Aber auch da werde ich schon bewußter.
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Bei mir ist das kurz und knapp: Ich hab keine Freunde.
Früher hielt ich die Männer, die mit mir ins Bett wollten, für Freunde.
Weil sie vermutlich zum Alibi ab und an nett zu mir waren oder halfen.
Frauen waren ähnlich, wenn auch ohne Bett.
Das ging immer nur so lange, wie ich ihnen nützlich war.
Ich glaub, ich hab schon seit 20 Jahren keine Freunde mehr.
Hab ich je welche gehabt?
Ich würde mir einen oder 2 Menschen wünschen, die vielleicht ein bißchen so sind, wie ich.
Mit denen man reden kann, ohne be- oder verurteilt zu werden; Dinge beleuchten, reflektieren.
Auch mal was trinken gehen oder vielleicht auch ein Spiel spielen.
Spazieren gehen.
Ehrlichkeit ist mir wichtig. Und dass wir voneinander lernen können, irgendwie.
Hier habe ich diesbezüglich ja jede Hoffnung begraben – vielleicht IST es auch erst hierdurch so.
Einsam.
Mal gucken.
Liebe Grüße 🙂
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Ich glaub den Mut haben die wenigsten das so knallhart offen zu sagen. Danke!
Ja das mit den Männern ging mir früher auch so. Teilweise war ich sogar beleidigt, weil sie sich nicht auch so mal meldeten um was gemeinsam zu unternehmen, wie sie es sagten. Unglaulich naiv kann ich sein
Hmm voneinander lernen, das ist ein guter Punkt, könnte ich mir mal behalten, wenn ich wieder meine der andere mache alles falsch, dabei kann er ja seine Gründe dafür haben warum er das anders macht oder so…
Meinst du mit HIER die Bloggerwelt oder Deinen Wohnort?
Und würdest Du Deinen Mann als Freund bezeichnen oder was wäre das der Unterschied?
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*Hier* meint meinen Wohnort.
Und ja, ich denke schon, dass mein Mann auch mein Freund ist.
Gerade, weil wir vermutlich beide Viele sind, gibt es da diverse Konstellationen.
Ich weiß, dass auch er Momente hat, in welchen er mich nicht liebt, sondern mag.
Und auch in mir gibt es welche, die ihn gern mögen – deren Mann er jedoch nicht ist.
Eher sowas wie „Saufkumpels“, nur ohne saufen, irgendwie.
In unserer Beziehung gibt es wohl viele Facetten.
Womöglich ersetzen wir uns manchmal sogar Elternteile. Wobei….. tut man das nicht immer?
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Verstehe…das gute ist ja: ihr seids Euch da bewußt und schaut Euch das an, das glaube ich ist mit ein großer Faktor für eine gelingende Beziehung. Definitiv spielen da Elternteile eine Rolle…nicht nur in der Ehe ;-))
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Das stimmt wohl.
Also suche ich eine/n Freund/in, die/der mutig ist.
Und sich das ebenfalls ansieht.
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Uih
Also bei mir ist es oft ein schleichender Prozess. Freunde kommen, Freunde gehen.
Zur Zeit hab ich ehrlich gesagt nur eine richtige Freundschaft, eine Fernbeziehung quasi, und auch noch im Aufbau – aber kontinuierlich.
Und mein Mann natürlich, der ist mein bester Freund.
Bekannte hab ich ein paar. Wohlgemerkt Bekannte, Freunde kann man dazu nicht sagen.
Und eigentlich kommt es mir so vor, dass ich denen egal bin – beruht bei machen auf Gegenseitigkeit. Oft wird sich nur gemeldet, wenn man etwas braucht.
Ja, so endet es dann meistens.
Ich nehm mich da nicht aus. Also, wenn ich nicht an einer Person hänge, dann schleicht sich der „nicht-mehr-melden-Prozess“ ein. Das heißt, ich vergesse einfach auf diese Person, da sie mir nicht wichtig erscheint. Melde mich aber auch nicht, wenn ich irgendwas von ihr bekommen könnte. So dreist sind nur andere.
Aber die Freundschaft, die mir sehr wichtig und lang war, zerbrach schlicht einfach an der Tatsache, dass ich nicht so wollte wie sie es gerne gehabt hätte. Das Ende ging von ihr aus. Und Gott, ich habe alles versucht. Ich trauere noch immer.
Also Freundschaft muss gepflegt werden – von beiden Seiten. Und wenn dem nicht so ist, dann ist sie nicht wichtig. Und irgendwann resigniert man.
Oberflächliche Bekanntschaften sind da unkomplizierter, aber nicht weniger anstrengend.
Beispiel: eine Bekannte, ich lasse es nun auch ausschleichen. Ja, ich mag sie, sie ist mir in gewisser Weise auch wichtig. Aber, das große Aber: es geht immer nur um sie. Und wenn man selbst etwas erzählt, dann hat man das Gefühl es wird nicht richtig zugehört, oder es interessiert nicht. Das ist toxisch.
In Sachen Freundschaft bin ich ein gebranntes Kind, und sehr vorsichtig geworden.
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Danke auch Dir für Deine Offenheit!
Mit Fernfreundschaft habe ich eher gute Erfahrung, einfach weil mich Nähe schnell stresst.
Klar Bekannte sind was anderes. Auch wenn ich das oft vergesse und zu schnell von bekannten-auf Freundes-Status wechseln will und der andere aber noch nicht 🙂
Was ich mich immer wieder frage, in gewisser Weise braucht man den anderen ja oft. Was is ausnutzen und was ein normales miteinander. ich glaube ich tu mich schwer, den anderen als Person zu mögen und sehe zuoft was er mir „bringt“: Zuwendung, Begleitung bei Ausflügen, Zeitvertreib, Gesprächspartner ect…ohje da tun sich echt Abgründe auf…
Ja warum sollte man nicht auch um freunde trauen, wie man das ja bei der verlorenen Liebe auch tut….klar tut das weh.
Hast Du das bei der Bekannten mal angesprochen, dass Dich das stört, wenn es immer nur um sie geht und Du Dir wünscht, dass sie auch mal Dir zuhört oder wäre das in dem Fall zuviel Energieverbrauch oder könnte es sich lohnen?
Manchmal beneide ich die Menschen, die angeblich so super alleine klar kommen und niemanden brauchen. Dass es denen immer gut damit geht, glaube ich nicht, aber ich hätte es gerne öfters. Ich glaube bei Autisten, der ganz schweren Form ist das so.
Ohja gebranntes Kind das beschreibt es gut…
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So ganz alleine kann ich mir auch nicht vorstellen. Der jetzige Zustand ist schon hart für mich.
Mir geht’s nicht um Party und jedes Wochenende irgendwo hin. Das hatte ich. Je älter ich werde, desto mehr brauch ich meine Ruhe. Ab und an mal ist echt cool. Und das fehlt.
Ein klein wenig Nähe wäre super. Nur nicht klammern.
Die Fernfreundschaft läuft echt gut. Ich meine alle paar Wochen bzw Monate ca. 12 Stunden skypen spricht für sich, und zwischendrin schreiben. Irgendwann werden wir uns bestimmt auch live sehen. Obwohl ich etwas Angst hab, dass wir merken, dass die Chemie doch nicht stimmt. Ach quatsch! Das würden wir jetzt schon merken.
Und meine Bekanntschaft: das würde nix werden. Und außerdem bin ich feige noch dazu. Ich denke, unser letztes Treffen hat auch sie nicht glücklich gemacht. Ich hatte auch einen Beitrag im Blog dazu geschrieben. Jedenfalls ist es seit diesem Zeitpunkt schon stiller geworden.
Und das Thema ausnutzen. Nun in meinem Fall würde ich es nicht ausnutzen nennen. Eher nur Bequemlichkeit.
Aber ausnutzen heißt für mich: immer fordern und nichts geben. Zuhören bei Problemen, Ängsten usw. nicht, wenn es denn auf Gegenseitigkeit beruht.
Und wenn man gerne Zeit miteinander verbringt, dann ist doch alles paletti.
Ach, und der Modus von Bekannten zu Freunden wechseln. Da war ich in Vergangenheit auch zu vertrauensselig. Das hab ich mir abgewöhnt. Zum Teil zumindest. Ich will immer helfen … klassisches Helfersyndrom. Aber ich selbst fordere keine Hilfe ein. Ich muss immer alles selbst mit mir ausmachen. Das muss ich mir auch noch abgewöhnen. Und das Helfersyndrom wird halt auch gerne genommen und „aus“-genutzt.
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